Haushaltsrede 2019 der FWV-Fraktion

Im Rahmen der Gemeinderatssitzung am 18. Februar 2019 hatten die Fraktionen die Möglichkeit, ihre Stellungnahmen zum Haushalt des Jahres 2019 einzubringen. Für die Fraktion der Freien Wähler sprach unser Fraktionsvorsitzender Frank Obergöker.

Haushaltsrede 2019 der FWV-Fraktion

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Barth, meine sehr geehrten Damen und Herren,

Verantwortung – Vertrauen – Verlässlichkeit

Sind sie schon mal Fallschirm gesprungen? Vielleicht so ein Tandemsprung? Nun, wenn ich das tun würde, müsste der Fallschirmspringer verantwortungsbewusst, vertrauensvoll und verlässlich sein – klar da hängt mein Leben dran. Nun, heute geht es nicht um das Fallschirmspringen, wir beraten den Haushalt 2019. Aber mit diesem Bild wollte ich die drei Tugenden, die wir als Gemeinderäte leben sollten, veranschaulichen.

„Die drei V – Vertrauen, Verantwortung und Verlässlichkeit – sind der soziale Kitt, der die Gesellschaft zusammenhält“, sagte Horst Opaschowski, ehemaliger wissenschaftlicher Leiter der BAT Stiftung für Zukunftsfragen. Ohne Verlässlichkeit, Vertrauen und Verantwortung hat die Zukunft keine Chance. In unserer komplexen Welt mit zunehmendem Verlust an Transparenz werden diese drei Eigenschaften jedoch immer wichtiger und ein oft vorhandener Mangel immer deutlicher.

Eigentlich ist es schon paradox, wenn ich hier vom Verlust der Transparenz rede, werden wir doch jeden Tag von den Medien „überschüttet“ mit Informationen und dennoch blicken wir nicht mehr durch. Unsere Filter sind verstopft und es fällt uns zunehmend schwerer, Wichtiges von Unwichtigem zu trennen, damit wir die richtigen Schlüsse ziehen können. Es bleibt dann oft bei einer oberflächlichen Bewertung, weil wir die Zusammenhänge auf Grund der schieren Masse an neuen Schlagzeilen und Diskussionen nicht mehr verarbeiten können.

 

Ein praktisches Beispiel ist die aktuelle Dieseldiskussion. Wem sollen wir da noch vertrauen?

So verwendet der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen als Diagnose für unsere aufgeregte digitale Medienwelt den Begriff der „Empörungsdemokratie“. Sehr treffend wie ich finde, aber mit Vertrauen, Verlässlichkeit und Verantwortung hat das leider nichts zu tun.

So fordert Pörksen in seinem Buch „Die große Gereiztheit“ eine Rückkehr zu Wahrheitsorientierung, Skepsis und Transparenz.

 

Zurück zur Dieselproblematik. Als Außenstehender hat man den Eindruck, dass der Gordische Knoten einfacher zu lösen ist.

 

Ich glaube viele Menschen wünschen sich wieder mehr gelassene Beständigkeit als aufgeregte Beliebigkeit. Diese Art der Verlässlichkeit schafft Vertrauen.

Die Haushaltsberatung ist auch immer eingebettet in die nationalen und internationalen Zusammenhänge. Insbesondere die wirtschaftlichen Entwicklungen schlagen am Ende bis auf die kommunale Ebene durch.

 

Noch haben wir eine anhaltend gute Konjunkturlage. Doch „langsam geht dem Staat das Geld aus“, so war es am 5.2.2019 in der Esslinger Zeitung zu lesen. „Die fetten Jahre sind vorbei!“, so sagte es zum Jahresbeginn der Bundesfinanzminister Olaf Scholz.

Der Blick auf die globalen Entwicklungen macht einen da schon nachdenklich. Der Handelsstreit zwischen USA, China und der EU und der drohende Brexit schmälern zusehends das Vertrauen in eine stabile Wirtschaft. Somit wird uns täglich ins Bewusstsein gerufen, wie volatil dieses gesamte System ist.

 

Vorschläge zum Ausbau von wohlgemeinten Sozialleistungen sind gerade in Wahljahren populär. Wenn man dies unter dem Blickwinkel einer Haushaltsberatung betrachtet, stellt man sich aber auch die Frage: Wie soll das bezahlt werden?

 

Ein politisches Statement ist das eine, aber dann sollte auch klar gemacht werden, an welch anderer Stelle das Geld dafür eingespart oder eingenommen werden soll. Das wäre Transparenz, damit deutlich wird, dass eine Entscheidung für das eine, Konsequenzen für das andere bedeutet. Bekanntlich lässt sich ein Euro nur einmal ausgeben.

 

Folglich gilt es für Denkendorf, weiter an unserer realitätsbezogenen Haushaltsführung festzuhalten.

Es muss nachhaltig investiert, die Infrastruktur erhalten und bedarfsgerecht ausgebaut werden. Dem wird der vorliegende Haushaltsplan nach unserer Auffassung gerecht.

 

Die liquiden Mittel (Rücklagen) betragen ca. 20 Mio. Eine sehr solide Basis, mit diesem Finanzpolster erhalten wir uns Gestaltungsmöglichkeiten auch für schlechtere Zeiten. Das ordentliche Ergebnis, also die Differenz zwischen der Ertragsseite mit 26,8 Mio. Euro und der Aufwandsseite von 24,4 Mio. Euro, beträgt 2,4 Mio. Eine gute Bilanz, die Entwicklungsmöglichkeiten zulässt. Gerade wenn wir sehen, wie die Aufgaben und Anforderungen für die öffentliche Hand zunehmen, wird sich dies in Zukunft auf unseren Personalkörper mit steigenden Zahlen auswirken.

 

Die vorliegenden Haushaltszahlen erlauben es auch in diesem Jahr, die Gebühren für Wasser- und Abwasser und die Hebesätze für die Grund- und Gewerbesteuer nicht zu verändern und auf dem niedrigen Niveau, im Vergleich mit anderen Landkreiskommunen, zu belassen. Nach wie vor ein positiver Standortfaktor und Entlastung für den privaten Geldbeutel.

An dieser Stelle danken wir den Gewerbesteuerzahlern, die durch ihre unternehmerische Verantwortung einen gewichtigen Beitrag, rund 5 Mio. Euro sind 2019 geplant, zum Haushalt der Gemeinde leisten.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

 

den vorliegenden Haushaltsplan haben wir innerhalb der Fraktion intensiv durchgearbeitet und im Verwaltungsausschuss diskutiert und beraten. Die wesentlichen Punkte haben Sie, Herr Bürgermeister Barth und Sie, Herr Schürrle bei der Einbringung detailliert dargestellt. Die Zusammenhänge und die aufgezeigten Entwicklungspotentiale haben sie plausibel dargestellt und erläutert. Sie sind die Folge dessen, was wir in der Vergangenheit bereits hier im Gremium angestoßen und besprochen haben. Er birgt in sich keine nennenswerten Überraschungen.

 

Ich möchte deshalb die einzelnen Aufgabenschwerpunkte und Beträge nicht wiederholen. Ich möchte mich auf ein paar wenige Themen beschränken.

 

Schulen und Kinderbetreuung in Denkendorf

 

Die Albert-Schweitzer-Schule ist saniert. Über 13 Mio. Euro wurden in den vergangenen Jahren investiert. Wir freuen uns über die positiven Rückmeldungen der Lehrer und Schüler bzgl. ihrer neu gestalteten Schule.

 

Nun geht es weiter an der Ludwig-Uhland-Schule. Hier ist ein dringender Erweiterungsbedarf gegeben. Die Ganztagesbetreuung benötigt neben Personal auch räumliche Möglichkeiten. Die Arbeitsplätze der Lehrer müssen ausgebaut werden. Mit dem geplanten Anbau können wir den gestellten Anforderungen gerecht werden. Rund 1,6 Mio. Euro werden wir in den nächsten beiden Jahren dort investieren. Gute Bildung braucht gute Rahmenbedingungen.  Wenn ich mich im Landkreis umschaue sind wir auch hier beispielgebend unterwegs.

 

Genauso werden wir unserer Verantwortung als Schulträger im Gymnasialen Schulverband Ostfilder gerecht. Die beiden Gymnasien in Ostfildern müssen saniert werden. In den kommenden Jahren wird das unseren Haushalt mit über 3 Mio. Euro belasten. So wie in 2019 werden in den kommenden Jahren rund 800.000 Euro jährlich allein von Denkendorf aufgewendet werden müssen. Wir stehen zum Schulverband und sind ein verlässlicher Partner.

Im Umbau von Schulen im laufenden Betrieb haben wir in Denkendorf einiges an Erfahrung gesammelt. Dank einer vorausschauenden Planung, der bestmöglichen Beteiligung aller, insbesondere der Schule selbst, ist die Sanierung der Denkendorfer Schulen sehr gut gelungen. Zugegeben es war ein gemeinsamer Kraftakt, der nur durch gegenseitiges Verständnis und von Wertschätzung geprägter Toleranz gelungen ist. Das wünschen wir auch allen Beteiligten bei der Sanierung der Gymnasien in Ostfildern.

 

Die Betreuung der Kindergarten- und Krippenkinder haben wir in den letzten Jahren kontinuierlich ausgebaut. So wurde Anfang 2019 die Kindertagesstätte in der Berkheimer Straße bezogen.

Wir sind hier ständig bestrebt uns am notwendigen Bedarf auszurichten. Der Bedarf nimmt kontinuierlich zu, so dass es richtig ist, für die weiteren Planungen bzw. Projektierung einen Betrag von 50.000 Euro vorzusehen.

Mit dem stetigen Ausbau steigen natürlich die Personal- und Betriebskosten. Rund 3,9 Mio. Euro werden für die Kinderbetreuung aufgewendet, nein besser ausgedrückt – investiert und das ist gut so!  Durch Einnahmen über den Finanzausgleich und Beiträge ergibt sich ein von der Gemeinde zu finanzierender Nettoresourcenverbrauch von 2,8 Mio. Euro für die Kinderbetreuung.

 

Mit der, Ende letzten Jahres beschlossenen, Leitungsfreistellung, also etwas mehr an Zeit für die Kindergartenleitung für Organisations- und Führungsaufgaben, haben wir eine wichtige Weichenstellung für den weiteren qualifizierten Ausbau der Kinderbetreuung getroffen. Herzlichen Dank an dieser Stelle dem Ev. Kleinkinderpflegeverein, der katholischen Kirche, sowie den Erzieherinnen und Erziehern für die sehr gute Arbeit.

 

Entwicklung von Gewerbeflächen / Nördlich Albstraße

 

Für das neue Gewerbegebiet „Nördlich Albstraße“ soll in diesem Jahr der Bebauungsplan aufgestellt werden. Es zeichnet sich schon jetzt ein großes Interesse von Denkendorfer Firmen ab. Wir finden es gut, dass damit für Denkendorfer Firmen Entwicklungsmöglichkeiten in Aussicht gestellt werden. Insbesondere von Firmen, die ihren Standort aus einem Wohngebiet ins Gewerbegebiet verlagern, könnten innerorts wieder Perspektiven für die ebenso dringend benötigten Wohnbauflächen liefern.

Ob das an Wohnflächen ausreicht? Darüber müssen wir offen diskutieren, auch vor dem Hintergrund des neuen § 13 b BauGB, der eine einfachere Ausweisung von Wohnbauflächen ermöglichen würde. Der großen Bedeutung für Flächen im Außenbereich für unsere Landwirtschaft sind wir uns bewusst. Deshalb muss Denkendorf auch nicht durch den Zuzug von außerhalb „unbegrenzt“ wachsen, aber wir sehen einen Bedarf für die Eigenentwicklung. Denkendorfer sollten in Denkendorf wohnen bleiben können. Dafür benötigen wir passende Angebote. Es geht um die Verantwortung für kommende Generationen.

 

 

Ehrenamt

„Hilf anderen, damit auch dir geholfen wird“ – Wer eine bessere Gesellschaft haben will, muss mithelfen, eine bessere Gesellschaft zu schaffen.

In Denkendorf sind wir zurecht stolz auf unser Ehrenamt in Vereinen und Organisationen.

In den letzten Jahren haben wir angeregt, uns Gedanken zu machen, wie wir das Ehrenamt über die im Haushaltsplan veranschlagten Mittel von immerhin rund 340.000 Euro und über die allgemeinen Vereinsförderrichtlinien hinaus, fördern und unterstützen können.

Wir freuen uns deshalb, dass wir Ende letzten Jahres dem Gemeindenetzwerk „Bürgerengagement und Ehrenamt“ des Gemeindetages Baden-Württemberg beigetreten sind. Wir erhoffen uns davon wertvolle Impulse wie wir die hervorragende Arbeit in unseren Vereinen und Organisationen stärken können. Der ARGE Denkendorfer Vereine danken wir, dass sie sich ganz selbstverständlich an diesem Entwicklungsprozess beteiligen wird.

 

Ein positives Beispiel, Verantwortung für andere zu übernehmen, ist unser Bürgerbus. Er ist aus Denkendorf nicht mehr wegzudenken. Nun ist er in die Jahre gekommen. Es steht eine Ersatzbeschaffung für das Fahrzeug an. Eine Kostenbeteiligung der Gemeinde ist im Haushaltsplan veranschlagt.

Unser Dank gilt besonders allen Ehrenamtlichen, die zur Erfolgsgeschichte des Bürgerbusses beitragen und mit hoher Verlässlichkeit ihre Freizeit einbringen.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

 

wir werden die Maßnahmen hier im Gemeinderat gemeinsam diskutieren, begleiten und auf den Weg bringen. Wir laden alle Bürgerinnen und Bürger dazu ein, sich mit ihren Ideen und Anregungen einzubringen. Als Gemeinderäte haben wir immer ein offenes Ohr für Ihre Anliegen. Wir verstehen das als eine Form der gelebten Bürgerbeteiligung.

 

Eine ganz andere Art der Bürgerbeteiligung ist unser aktives Vereinsleben in Denkendorf. Die ehrenamtliche Arbeit ist für uns immer ein wichtiges und bedeutendes Anliegen. In den Vereinen, Organisationen, dem DRK, der Feuerwehr, den Kirchen und vielen anderen mehr wird, meist ehrenamtlich, sehr viel getan und bewegt, damit sich die Menschen in Denkendorf wohlfühlen. Sie gestalten Denkendorf! Dafür möchten wir uns ganz herzlich bedanken. Ohne Sie alle wäre vieles nicht möglich – sie schenken Vertrauen, sie leben Verlässlichkeit und übernehmen Verantwortung für unsere Gesellschaft.

 

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Barth, sehr geehrter Herr Schürrle,

 

wir danken Ihnen für die Vorlage und Aufstellung des Haushaltsplanentwurfs. Wir tragen die geplanten Maßnahmen mit und stellen keine haushaltsrelevanten Anträge.

 

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

 

Frank Obergöker

Vorsitzender der Gemeinderatsfraktion

Freie Wähler Denkendorf