Rede zum Haushalt 2024

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Barth,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

Maß – Mitte – Demut

Ein anspruchsvolles und aufregendes Jahr liegt vor uns: 2024 bringt sowohl
Kommunalwahlen als auch die Europawahl mit sich, die entscheidende Weichen für die
Zukunft stellen werden. Während unsere Aufmerksamkeit auf die Kommunalwahl gerichtet
ist, dürfen wir nicht vergessen, wie sehr Entscheidungen auf europäischer Ebene jeden
kommunalen aber auch privaten Haushalt beeinflussen.
Wir erleben eine Vielzahl von Demonstrationen und Protestaktionen, die aus einer
Unzufriedenheit heraus entstehen – eine Unzufriedenheit mit den Entscheidungsträgern.
Doch ist es überhaupt möglich, es allen recht zu machen? Unsere Gesellschaft ist stark vom
ständigen Streben nach mehr, nach Größerem, nach Weiterem geprägt, ein Kennzeichen
unserer Marktwirtschaft.
Solange alles gut läuft, scheint auch alles in Ordnung zu sein, aber was ist, wenn nicht? Die
Sorge um unseren Lebensunterhalt wird spürbar. Doch auf welchem Niveau führen wir diese
Diskussion? Haben wir verlernt, dankbar zu sein und mit dem zufrieden zu sein, was wir
haben? Schauen wir immer nur auf das, was uns fehlt?
Es scheint, dass ein egoistisches Denken immer mehr um sich greift – das „Ich“ steht über
dem „Wir“. Doch wir alle wissen, dass wenn einer gewinnt, woanders ein Verlust entsteht.
Alles ist miteinander verbunden, wie kommunizierende Röhren. Einfache Antworten, die uns
manche politische Gruppen verkaufen wollen, existieren leider nicht. Wir sind Teil einer
größeren Welt, eingebettet in Europa, Deutschland, Baden-Württemberg, unseren Landkreis
und schließlich in der Gemeinschaft von Denkendorf.
Die zunehmende Polarisierung ist ein Zeichen unserer Zeit: Gesellschaftliche
Spaltungstendenzen nehmen zu, und radikale Kräfte gewinnen an Zulauf. Man ist entweder
ein Klimasünder oder ein Klimaschützer, ein Befürworter von Flugrouten oder ein Gegner.
Schwarz oder Weiß – alle Nuancen und Graustufen dazwischen werden kaum
wahrgenommen. Doch genau das ist es, was eine lebendige Demokratie ausmacht: der
Diskurs, der Dialog, die Suche nach der besten Lösung, der Kompromiss, mit dem jeder
leben kann und der die Gesellschaft gemeinsam voranbringt.
Demut könnte uns helfen. Der Begriff „Demut“ stammt aus dem Althochdeutschen und setzt
sich zusammen aus den Wörtern „dienen“ und „Mut“. Ist es nicht eine schöne
Herausforderung, mutig zu sein und anderen zu dienen?
Unser Ziel ist es, mutig zu sein und den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger zu dienen.
Für uns steht Zusammenhalt im Mittelpunkt unseres Handelns. Mit Optimismus blicken wir
auf das kommende Haushaltsjahr.

Haushaltsplanung 2024
Der vorliegende „Rekord-Haushalt“ reflektiert umfassend die verschiedenen Themen und
Herausforderungen, mit denen wir in Denkendorf konfrontiert sind. Er ist das Ergebnis eines
fortlaufenden Prozesses der Planung und Entwicklung. Der Haushaltsplan für das Jahr 2024
fasst zusammen, was im vergangenen Jahr bereits vorbereitet, diskutiert und geplant wurde.
Er quantifiziert die zukunftsorientierten Themen, Investitionen und Entwicklungen, die wir für
Denkendorf vorsehen. Während Bürgermeister Barth und Herr Schürrle bei der Einbringung
des Haushaltsplans detailliert auf die einzelnen Punkte eingegangen sind, möchte ich nicht
alle Aspekte erneut aufgreifen. Wir tragen diese Handlungsfelder mit.
Im Jahr 2024 stehen bedeutende Projekte an, die eine wegweisende Investition für unsere
Gemeinde darstellen. Dazu gehören der Neubau des Kinderhauses Alter Eichwald mit einem
Budget von 4,5 Millionen Euro, die Umlegung des Gewerbegebiets „Nördlich Albstraße“ mit
geschätzten Kosten von rund 10 Millionen Euro und der Bau eines neuen Bauhofs mit einem
Aufwand von 3,1 Millionen Euro in diesem Jahr.
Zusätzlich dazu werden wir die Sanierung der Mühlhaldenstraße mit einem Aufwand von
etwa 1,2 Millionen Euro vornehmen sowie die Erweiterung der Photovoltaikanlagen auf den
Dächern der kommunalen Gebäude vorantreiben.
Diese Investitionen markieren einen Höhepunkt in unserem Engagement für die
Gemeindeentwicklung. Dank unserer disziplinierten Haushaltsführung in den vergangenen
Jahren können wir diese Vorhaben ohne die Aufnahme von Schulden oder die Erhöhung von
Steuern und Gebühren bewältigen.
Die geplanten Investitionen sind strategisch und langfristig angelegt. Der Verkauf von
Gewerbeflächen, die Umgestaltung des Bauhofgeländes sowie der Ausbau erneuerbarer
Energien werden sich positiv auf die Haushalte der kommenden Jahre auswirken.

Kinderbetreuung / Schule / Bildung
Der Neubau des Kinderhauses ist notwendig, um die steigende Nachfrage nach
Betreuungsplätzen für unsere Kinder zu decken. Wir können bisher den bestehenden
Rechtsanspruch erfüllen, indem wir kontinuierlich an der Erweiterung der
Betreuungskapazitäten arbeiten.
Die finanziellen Aufwendungen sind beträchtlich, und die beiden Kindergartenträger stehen
vor der Herausforderung, qualifiziertes Personal zu gewinnen und zu halten. Dies ist eine
Aufgabe, die in sämtlichen Kommunen gleichermaßen präsent ist.
Gerade deshalb möchten wir unseren aufrichtigen Dank an unsere beiden
Kindergartenträger, den evangelischen Kleinkinderpflegeverein und die katholische
Kirchengemeinde, für ihr großes Engagement und ihre professionelle Betreuung unserer
Kinder aussprechen.
Die rechtlichen Rahmenbedingungen werden sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene
festgelegt, und die Kommunen tragen die Verantwortung für ihre Umsetzung. Dennoch ist
die Kinderbetreuung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Ich vertrete die Ansicht, dass
insbesondere große Unternehmen ebenfalls noch mehr in die Pflicht genommen werden
sollten, um Familienfreundlichkeit zu fördern auch um im Wettbewerb um Fachkräfte
wettbewerbsfähig zu bleiben.
Wir beobachten, dass die Kosten für die Kinderbetreuung kontinuierlich steigen. Der
geplante Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung an Grundschulen ab 2026, gemäß der
Änderung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes, wird zusätzliche Ausgaben erfordern, sei es
für erweiterte Räumlichkeiten oder zusätzliches Personal. Es ist einfach, ein Gesetz zu
verabschieden und einen Rechtsanspruch zu formulieren, aber es ist ebenso wichtig, die
erforderlichen Ressourcen bereitzustellen, um diesen Anspruch erfüllen zu können.
Es wird zunehmend deutlich, dass den Kommunen durch die gesetzlichen
Rahmenbedingungen Flexibilität genommen wird, ohne dass entsprechende Finanzmittel
bereitgestellt werden. Der Spielraum für eigene Gestaltungsmöglichkeiten wird dadurch
immer mehr eingeschränkt.
Dank der Landesförderung konnten wir in den vergangenen Jahren die Digitalisierung an
unseren beiden Schulen basierend auf den Medienentwicklungskonzepten vorantreiben. Das
Land hat hierbei eine Anschubfinanzierung geleistet. Für die fortlaufende Unterhaltung sowie
notwendige Ersatzbeschaffungen werden wir nun selbst verantwortlich sein.
Die notwendigen Ausgaben werden künftig vollständig aus unseren eigenen Mitteln finanziert
werden müssen. Eine angemessene Ausstattung unserer Schulen liegt uns
selbstverständlich weiterhin am Herzen.

Bezahlbarer Wohnraum
Nachdem die Entwicklung des Wohngebiets „Wasserreute“ durch rechtliche Entscheidungen
vorläufig gestoppt wurde, hoffen wir, dass im Jahr 2024 die Planungen wieder aufgenommen
werden können. Wir sind weiterhin der Überzeugung, dass bezahlbarer Wohnraum in
Denkendorf dringend benötigt wird. Auf den kommunalen Flächen des Gebiets
„Wasserreute“ sehen wir die Möglichkeit, entsprechenden Wohnungsbau zu realisieren. Um
dies finanziell zu ermöglichen, bitten wir die Verwaltung, die Verfügbarkeit möglicher
Förderprogramme zu prüfen. Als Gemeinde werden wir dies nicht allein stemmen können.
Wir sollten frühzeitig das Gespräch mit potenziellen privaten Investoren suchen, um eine
gemeinsame Lösung für die Entwicklung der gemeindeeigenen Flächen in diesem Baugebiet
zu finden.
Für die durch den Umzug an den Ortsrand freiwerdende Bauhoffläche streben wir einen
vorausschauenden und umsichtigen Bebauungsplan an. Wir regen hierfür an, auch
alternative Wohnmodelle in den Blick zu nehmen. So sollte z. B. im Rahmen der
Quartiersentwicklung und dem besonderen Fokus auf das „Älter werden“ in Denkendorf
beispielsweise die Möglichkeit eines Mehrgenerationenhauses in Betracht gezogen werden.
Es wäre zusätzlich wichtig, dass auch private Eigentümer von erschlossenen Baulandflächen
ihre Verantwortung erkennen und diese Flächen für den Wohnungsbau zur Verfügung
stellen. Das ungenutzte Potenzial sollte aktiv genutzt werden.

Industrie und Handwerk
Mit der nun begonnenen Umlegung des Gewerbegebiets „Nördlich Albstraße“ befinden wir
uns endlich auf der Zielgeraden. Wir erwarten, dass das neue Gewerbegebiet den
Unternehmen in Denkendorf gute Entwicklungsmöglichkeiten bietet. Bei der Vergabe von
Flächen wollen wir darauf einen Fokus legen. Es ist uns wichtig, dass Arbeitsplätze vor Ort
geschaffen und erhalten werden.
Nach 10 Jahren intensiver Arbeit sind wir nun an diesem Punkt angelangt. In dieser Zeit hat
sich vieles verändert, und obwohl die Wirtschaft derzeit etwas schwächelt, sind wir mit dem
Gewerbegebiet gut für die Zukunft gerüstet.
Natürlich schmerzt auch uns der Flächenverbrauch, jedoch haben wir bereits in der
Planungsphase sorgfältig Für und Wider abgewogen. Dies wird voraussichtlich für lange Zeit
die letzte Gewerbefläche im Außenbereich sein, die erschlossen wird. Eine weitere
Inanspruchnahme von Flächen im Außenbereich können wir uns nicht mehr vorstellen.
Unsere zukünftige Ausrichtung wird sich auf die Innerortsentwicklung konzentrieren müssen.

Umwelt- und Klimaschutz
Vor drei Jahren haben wir die Untersuchung der Potenziale für den Ausbau von
Photovoltaikanlagen gefordert. Mittlerweile befinden wir uns bereits in der
Umsetzungsphase. Schritt für Schritt werden die Dachflächen der kommunalen Gebäude mit
Photovoltaikanlagen ausgestattet – unser Beitrag zum Klimaschutz.
Durch die Schaffung einer zusätzlichen Stelle für einen Klimaschutzmanager verbinden wir
weitere Ideen und Impulse zur Förderung des Klimaschutzes. Die kommunale
Wärmeplanung wird beispielsweise ein wichtiges Instrument sein, um den Ausbau
erneuerbarer Energien weiter voranzubringen.

Entwicklung der „oberen Ortsmitte“ / Mobilität / Lärm
Wie im vergangenen Jahr betont, verfolgen wir mit großem Interesse und Engagement die
Umgestaltung der oberen Ortsmitte. Dies ist eine herausfordernde Aufgabe, der wir uns
stellen müssen. Es wäre äußerst wertvoll, über die Städtebauförderung ein weiteres
Sanierungsgebiet auszuweisen, um uns mehr Gestaltungsmöglichkeiten zu eröffnen. Davon
könnten auch private Eigentümer profitieren. Die Haushaltsmittel für die erforderlichen
Planungsuntersuchungen sind im Haushalt vorgesehen. Dies würde einen weiteren
Meilenstein für die Gestaltung unseres Ortsbildes bedeuten.
Es ist offensichtlich, dass die Stärkung des Einzelhandels nicht allein durch bauliche
Maßnahmen erreicht werden kann – hier sind wir alle gefragt, unseren Beitrag zu leisten.
Obwohl wir alle bestrebt sind, den Einzelhandel zu stärken, neigen wir dazu, unsere
Einkäufe zunehmend bequem über das Internet zu erledigen.
Hinsichtlich der Buslinie 119 werden wir nicht nachlassen und darauf drängen, dass die
Route über die Uhland- und Rechbergstraße verläuft. Die Rahmenbedingungen ändern sich,
insbesondere mit den beiden neuen Baugebieten. Wir sind der Ansicht, dass auch die obere
Ortsmitte von einer Änderung der Busroute profitieren würde, indem beispielsweise die
Busspur nicht mehr durch sie verläuft. Daher bitten wir die Verwaltung, weiterhin am Ball zu
bleiben.
Natürlich sind wir auch gespannt auf die Ergebnisse der Untersuchung des Landkreises
bezüglich einer möglichen Schienenanbindung an den ÖPNV. Doch bis konkrete Schritte
unternommen werden könnten, werden noch zahlreiche Busse an meinem Fenster
vorbeifahren.
Die andere Seite der Mobilität ist der damit verbundene Lärm. Denkendorf hat umfangreiche
Lärmschutzmaßnahmen ergriffen und ist erfahren im Umgang mit Lärm. Aktuell wird über
eine neue Abflugroute diskutiert. Denkendorf befindet sich dabei in einer zwiespältigen
Situation. Teile des Oberdorfes werden durch die neu berechneten Tageslärmpegel leicht
entlastet, während das westliche Unterdorf durch die neue Route mehr Lärm abbekommen
wird als zuvor. Diese zusätzlichen Lärmereignisse werden als störend empfunden.
Insbesondere die Tatsache, dass neue Belastungen entstehen, ohne dass eine spürbare
Entlastung für die bereits Betroffenen erreicht wird, hat uns mehrheitlich dazu bewogen, uns
der Klage der Nachbarkommunen anzuschließen. Auch wenn die Erfolgsaussichten eher
begrenzt sein mögen.

Ehrenamt – Wir sagen Danke!
Vor wenigen Wochen ereignete sich ein größerer Wohnungsbrand in Denkendorf. Als
Mitglied der Feuerwehr war ich vor Ort und beeindruckt vom Zusammenhalt aller Beteiligten.
Feuerwehr, DRK und Polizei arbeiteten professionell zusammen, während Freunde,
Bekannte und Verwandte sich um die Betroffenen kümmerten. Die örtliche Gastronomie,
Metzger und Bäcker boten sofort ihre Hilfe an. Denkendorf zeigte hier wahren Zusammenhalt
– das erfüllt uns mit Zuversicht!
Kürzlich präsentierte eine Projektgruppe aus der Quartiersentwicklung im Gemeinderat ihre
Ergebnisse für den Aufbau eines Bürgernetzwerks. Eine einfache Onlineplattform ermöglicht
es jedem, Hilfs- und Unterstützungsangebote einzustellen oder abzurufen. Neben der
praktischen Hilfe bietet dies eine gute Gelegenheit, miteinander ins Gespräch zu kommen.
„Bürger für Bürger – Bürgernetzwerk“ – das erfüllt uns mit Hoffnung!
Denkendorf ist reich an starken Vereinen und Organisationen, die eine Vielzahl an
sportlichen, kulturellen und sozialen Aktivitäten bieten. Zahlreiche Feste und
Veranstaltungen laden zum Besuchen und Mitmachen ein. Sie ermöglichen es jedem, sich
einzubringen – ein starkes Ehrenamt, das uns ermutigt!
Wir möchten von Herzen all jenen danken, die sich für ihre Mitmenschen einsetzen. Sie
machen Denkendorf zu dem, was wir uns alle wünschen – einer starken Gemeinschaft, die
zusammenhält!
Auch unseren Gewerbetreibenden danken wir dafür, dass sie ihre unternehmerische
Verantwortung wahrnehmen und durch ihre Gewerbesteuer einen großen Beitrag zur
Finanzierung unserer Aufgaben leisten.
Gemeinsam mit Ihnen, Herr Bürgermeister Barth, den Mitarbeitenden der Verwaltung und
unseren Kolleginnen und Kollegen im Gemeinderat wollen wir weiterhin unseren Dienst
leisten, um die erfolgreiche Entwicklung unserer Gemeinde voranzutreiben.
Wir blicken mutig und zuversichtlich auf das kommende Haushaltsjahr. Die Fraktion der
Freien Wähler stimmt der Haushaltsplanung 2024 sowie der mittelfristigen Finanzplanung zu
und stellt keine haushaltsrelevanten Anträge.

Frank Obergöker
Vorsitzender der Gemeinderatsfraktion
Freie Wähler Denkendorf