Haushaltsrede FWV 2025
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Barth, meine sehr geehrten Damen und Herren,
Zuversicht oder Verzweiflung
Es ist wahrlich nicht einfach in diesen Zeiten eine Haushaltsrede zu schreiben. Deutschland, Europa, die Welt – alles scheint aus den Fugen zu geraten. Es ist zum Verzweifeln!
Wer Gründe zur Verzweiflung sucht, muss nur die Nachrichten hören: Bruch der Ampel-Koalition, Anschlagsserien in Deutschland, wirtschaftlicher Abschwung, eine drohende Welle des Populismus, Trump macht Amerika „great“, der nicht enden wollende Konflikt in Gaza und der furchtbare Krieg in der Ukraine.
Wie erträgt man die unglaubliche Menge schlechter Nachrichten, ohne zu verzweifeln? Wo bleibt das Positive? Irgendeine Art von Zuversicht brauchen wir. Ohne ein Mindestmaß an positiver Zukunftserwartung würden wir aufhören Kinder in die Welt zu setzen, keine neuen politischen Ziele zu entwickeln, keinen zukunftsweisenden Haushaltsplan aufzustellen, uns nicht ehrenamtlich zu engagieren oder auch nur morgens aufzustehen.
Für eine erfolgreiche Zukunft brauchen wir die treibende Kraft der Zuversicht – den grundlegenden Antrieb unseres Lebens. Dabei geht es jedoch nicht um eine naive Hoffnung, dass sich alles von selbst zum Guten wendet.
Gefragt ist kein unrealistischer Optimismus, sondern eine realistische, bodenständige und pragmatische Haltung, die uns trotz aller Herausforderungen nicht entmutigt. Der treffendste Begriff dafür ist „Zuversicht“.
Zuversicht bedeutet: Den Ernst der Lage erkennen und zugleich die Spielräume nutzen, die sich auftun. Unser Handeln sollte nicht nur von der Hoffnung auf einen guten Ausgang ausgerichtet werden, sondern von der Überzeugung, dass es richtig ist, sich zu engagieren.
Der tschechische Menschenrechtler Václav Havel brachte es einst auf den Punkt: „Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht.“
Gerade in schwierigen Zeiten, in denen Vieles nahezu aussichtslos scheint, ist dieses Vertrauen auf die Sinnhaftigkeit des eigenen Tuns der einzige Weg, nicht in Verzweiflung zu versinken.
Ein anschauliches Beispiel ist die berühmte Parabel von den drei Fröschen, die in einen Topf Sahne fallen. Der erste Frosch stöhnt pessimistisch: „Oh je, wir sind verloren“ – und ertrinkt. Der optimistische Frosch hingegen glaubt: „Keine Sorge, irgendjemand wird uns schon retten.“ Er wartet – und ertrinkt ebenso. Der zuversichtliche Frosch jedoch sagt sich: „Da bleibt mir nur zu strampeln.“ Er reckt den Kopf über die Oberfläche und strampelt – bis die Sahne zu steifer Butter wird und er aus dem Topf springt.
Hoffen wir, dass nach der gestrigen Wahl die demokratischen Parteien wieder zusammenfinden, den Kopf oben behalten und strampeln – voller Zuversicht, um die Herausforderungen unserer Zeit aktiv anzugehen.
Wir als Freie Wählervereinigung wollen heute aktiv handeln und gemeinsam den Haushaltsplan für das Jahr 2025 beschließen.
Haushaltsplanung 2025
Der zweite „Rekord-Haushalt“ in Folge spiegelt die zentralen Herausforderungen und Entwicklungen in Denkendorf wider. Er basiert auf einem kontinuierlichen Planungsprozess und fasst zusammen, was bereits in der laufenden Legislatur vorbereitet und diskutiert wurde. Während Bürgermeister Barth und Frau Ludwig die Details bei der Einbringung erläuterten, möchte ich nicht alle Punkte erneut aufgreifen – wir tragen diese Handlungsfelder mit.
Auch im Jahr 2025 stehen wichtige Projekte an: die Fertigstellung des Kinderhauses „Alter Eichwald“ und des neuen Bauhofs, die Erschließung des Wohngebiets „Wasserreute“, die Sanierung der Oberen Löcherhaldenstraße sowie der Ausbau der Photovoltaikanlagen auf kommunalen Gebäuden. Im Rahmen der Umlegung des Gebiets „Wasserreute“ werden zudem bauliche Maßnahmen zum Hochwasserschutz bei Starkregenereignissen umgesetzt, gemäß unserem Starkregenrisikomanagement.
Dank solider Haushaltsführung können wir diese Investitionen ohne neue Schulden oder Steuererhöhungen realisieren – mit Ausnahme der notwendigen Anpassung der Abwassergebühr. Langfristig werden Maßnahmen wie der Verkauf von Gewerbe- oder Wohnbauflächen oder der Ausbau erneuerbarer Energien positive Effekte auf den Haushalt haben, auch wenn Abschreibungen die künftigen Haushalte belasten.
Die steigenden gesetzlichen Aufgaben für Kommunen erschweren einen ausgeglichenen Haushalt. Auch wir rechnen 2025 mit einem negativen ordentlichen Ergebnis von minus 2,0 Mio. Euro, das durch Rücklagen gedeckt ist. Dennoch bleibt ein verantwortungsvoller Umgang mit den Finanzen essenziell – auf kommunaler wie auf allen übergeordneten Ebenen sollten Notwendigkeit, Umsetzbarkeit, Nachhaltigkeit und Finanzierbarkeit stets im Einklang stehen.
Kinderbetreuung / Schule / Bildung
Bald kann das neue Kinderhaus „Alter Eichwald“ bezogen werden. Direkt danach folgt die Sanierung und Erweiterung des Kindergartens in der Albrecht-Bengel-Straße – die Planungen sind bereits angelaufen.
Die finanziellen Herausforderungen sind groß, ebenso wie die Aufgabe, qualifiziertes Personal zu gewinnen und langfristig zu halten – eine Problematik, mit der sich Kommunen landesweit konfrontiert sehen. An dieser Stelle möchten wir unseren beiden Kindergartenträgern, dem evangelischen Kleinkinderpflegeverein und der katholischen Kirchengemeinde, herzlich für ihr großes Engagement und ihre wertvolle Arbeit danken.
Die rechtlichen Vorgaben für die Kinderbetreuung werden auf Bundes- und Landesebene festgelegt, ihre Umsetzung liegt jedoch in der Verantwortung der Kommunen. Die steigenden Betreuungskosten stellen eine wachsende Belastung dar. Hinzu kommt der ab 2026 geltende Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung an Grundschulen gemäß der Änderung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes. Dies wird zusätzliche Investitionen in Räumlichkeiten und Personal erfordern.
Das Gesetz sieht vor, dass die Umsetzung individuell an die Gegebenheiten jeder Kommune angepasst werden soll. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Anforderungen zu erfüllen. Verwaltung und Schulleitung arbeiten bereits an entsprechenden Konzepten für unsere beiden Grundschulen, und in Kürze werden auch die Eltern in den Prozess einbezogen. Klar ist: Eine maßgeschneiderte Lösung für jede einzelne Familie wird es nicht geben können. Stattdessen braucht es einen fairen und praktikablen Kompromiss, der eine verlässliche und qualitativ hochwertige Betreuung für alle Kinder gewährleistet.
Bezahlbarer Wohnraum
Die Schaffung bezahlbaren Wohnraums bleibt eine zentrale Herausforderung. Mit dem neuen Baugebiet „Wasserreute“ und der freiwerdenden Fläche des bisherigen Bauhofs haben wir die Chance, gezielte Wohnbebauung voranzutreiben.
Auf den kommunalen Flächen möchten wir auch bezahlbaren Wohnraum schaffen. Da die Gemeinde dies finanziell nicht allein stemmen kann, bitten wir die Verwaltung, Förderprogramme zu prüfen. Gleichzeitig sollten frühzeitig Gespräche mit privaten Investoren geführt werden, um gemeinsam tragfähige Lösungen für die Entwicklung der gemeindeeigenen Flächen zu finden.
Bereits im vergangenen Jahr haben wir angeregt, alternative Wohnmodelle zu berücksichtigen. Im Rahmen der Quartiersentwicklung und mit Blick auf das Älterwerden in Denkendorf sollte beispielsweise die Möglichkeit eines Mehrgenerationenhauses geprüft werden.
Industrie und Handwerk
Das neue Gewerbegebiet „Nördlich Albstraße“ ist fertig und kann nun vermarktet werden. Wir hoffen, dass es insbesondere für Denkendorfer Unternehmen attraktiv ist.
Bei der Vergabe der Flächen legen wir Wert auf Qualität statt schneller Vermarktung um jeden Preis. Ziel ist ein wertiges Gewerbegebiet mit Betrieben, die nicht nur zur wirtschaftlichen Entwicklung beitragen, sondern möglichst auch neue Arbeitsplätze schaffen.
Der Glasfaserausbau in Denkendorf ist nahezu vollständig abgeschlossen. Neben dem Eigenausbau der Telekom im Ortsgebiet konnten dank einer Förderquote von bis zu 90 % auch die Gewerbegebiete erfolgreich angebunden werden.
Umwelt- und Klimaschutz / Vorsorge bei Krisenfällen
Vor vier Jahren haben wir eine Untersuchung zur Nutzung von Photovoltaik auf kommunalen Gebäuden gefordert – heute sind wir in der Umsetzungsphase. Schritt für Schritt werden die Dachflächen mit Anlagen ausgestattet, ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz.
Gleichzeitig steigt das Risiko extremer Wetterereignisse und infrastruktureller Ausfälle. Vorsorge ist daher notwendig. Neben dem bereits umgesetzten Starkregenrisikomanagement hat die Gemeinde Hochwasserschutzmaßnahmen entlang der Körsch ergriffen und einen „Hochwasseralarmplan“ erstellt. Zudem sind das Rathaus, das Feuerwehrhaus und die kleine Sporthalle der Albert-Schweitzer-Schule im Falle eines längeren Stromausfalls notstromversorgt. Grundsätzlich sind wir schon gut aufgestellt. Es wurden schon viele Maßnahmen in unserer Gemeinde erarbeitet.
Diese Maßnahmen sollten in einem umfassenden Krisen- und Katastrophenplan gebündelt dargestellt werden. Wir bitten die Verwaltung, einen solchen Plan auszuarbeiten und dem Gemeinderat zur Beratung und Beschlussfassung vorzulegen.
Jede Bürgerin und jeder Bürger ist selbst für die eigene Vorsorge verantwortlich. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe stellt dazu hilfreiche Tipps auf seiner Website bereit. Um Ihr Privateigentum vor Schäden durch Starkregen zu schützen, finden Sie auf der Homepage unserer Gemeinde zahlreiche wichtige Informationen. Nutzen Sie diese Maßnahmen zur Prävention!
Freibad – Erhalt und Zukunftssicherung
Unser Freibad ist eine geschätzte Freizeit-Oase für Denkendorf und darüber hinaus. Doch die Technik im Untergrund ist in die Jahre gekommen, und Investitionen werden nötig. Um eine nachhaltige und sinnvolle Sanierung zu gewährleisten, haben wir kürzlich eine Machbarkeitsstudie beauftragt und sind gespannt auf die Ergebnisse. Unser Ziel bleibt klar: Das Freibad soll auch in Zukunft ein attraktiver Ort der Erholung für unsere Bürgerinnen und Bürger bleiben.
Ehrenamt – Herzlichen Dank!
Denkendorf lebt von seinen engagierten Vereinen, Organisationen und Unternehmen. Sie bereichern unsere Gemeinde mit sportlichen, kulturellen und sozialen Angeboten, organisieren Feste und schaffen Gelegenheiten, sich aktiv einzubringen. Dieses starke Ehrenamt ist das Rückgrat unseres Zusammenlebens!
Unser aufrichtiger Dank gilt allen, die sich für ihre Mitmenschen einsetzen – Sie machen Denkendorf zu einer lebendigen und solidarischen Gemeinschaft! Ebenso danken wir unseren Gewerbetreibenden, die mit ihrer unternehmerischen Verantwortung und der Gewerbesteuer einen wichtigen Beitrag zur Finanzierung kommunaler Aufgaben leisten.
Gemeinsam mit Ihnen, Herr Bürgermeister Barth, den Mitarbeitenden der Verwaltung sowie unseren Kolleginnen und Kollegen im Gemeinderat setzen wir uns weiterhin für eine positive Entwicklung Denkendorfs ein. Die Zukunft ist nicht vorherbestimmt – sie entsteht durch unsere Erwartungen, unser Handeln und die Entscheidungen, die wir heute treffen.
Mit Zuversicht blicken wir auf das kommende Haushaltsjahr. Die Fraktion der Freien Wähler stimmt der Haushaltsplanung 2025 sowie der mittelfristigen Finanzplanung zu und stellt keine haushaltsrelevanten Anträge.
Frank Obergöker
Vorsitzender der Gemeinderatsfraktion
Freie Wähler Denkendorf